* Beobachtungsbericht vom 02.02.02 *


Dieser Bericht wurde von Hans Bredel vorbereitet und von Christian Flick vervollständigt. Damit es nicht so holprig klingt, hat sich letzterer die ich-Form angemasst. Die Fotos hat Udo Büttner gemacht. Grafik/Animation aus "ciel".
Auf die Aufsuchkarte von Zeta Cnc kann man zum Vergrößern draufklicken.



Ja, mir war am Morgen bereits klar, daß an diesem Abend etwas laufen musste, und so funkte ich bereits früh die Herren Bredel, Weiser und Ehret an, ob und wo wir gemeinsam die Nacht verbringen könnten. HB gab die Marschrichtung vor, und schließlich kamen noch etliche dazu. Wermutstropfen: nur Männer (10!), Damen nur am Himmel, aber dort: oho! Bereits vor HBs Haustüre im Kapellenweg wurde mit dem Chinesen-Dobson der Eskimonebel in den Zwillingen „zur Strecke gebracht"-ein gelungener Auftakt für eine vielversprechende Jagd.

Um 21.30h machte sich eine Karawane von 5 Automobilen, bepackt mit 8 Teleskopen auf in die Vor/Weinberge bei Zell-Weierbach, unterhalb der „Wolfsgrube". Die Ausrüstung: Refraktor 120/600 , Refraktor 120/1000, Dobson 200/1200 (Pyrex) vom Verein, Dobson 200/1200, zwei identische Dobsons 200/1000 , Newton 150/1200 , Newton 90/800.
Die Teilnehmer: Gerhard Metzler, Jürgen Zittlau, Udo Büttner, Christian Flick, Alois Ehret, Hans Bredel, Werner Weiser und drei Gäste.

Ein annehmbar guter Platz; 3 Blitze und höchstens 16/2 fremde Fahrzeugscheinwerfer kreuzten abseits die kontinuierlich adaptierenden Augen. Die wohl wärmste Februarnacht seit vielen Jahren.

Nach Westen bzw. Osten war der Himmel bis vielleicht 15 Grad durch Berge 'verstellt', was aber überhaupt kein Schaden war. Auf Strassburg und Offenburg (West) mit ihren Lichtglocken konnten wir genauso verzichten wie - vorläufig - auf den Mond (Ost). M31 (Andromedagalaxie) stand zwar westlich, aber die Sicht war ausreichend um inbesondere den Gästen einen vorläufigen Eindruck zu vermitteln. Die Stars - aber nicht die Sterne - des Abends waren zweifellos die beiden Gasriesen Jupiter und Saturn. Bei ersterem besonders beeindruckend: die wahrnehmbare Bewegung von Io.



Bei Saturn war die Cassini-Teilung gut sichtbar; die Enckesche Teilung habe ich persönlich nur einmal gesehen: am 3.11. vergangenen Jahres, dem Tag des Mond-Durchgangs, mit 6’’.

Leider kenne ich mich am Himmel noch nicht so gut aus um mit einem kurzen Blick die abendliche Grenzgröße bestimmen zu können. Ich hielt mich daher an M101 im großen Bären, das Feuerrad, welche um 23h allerdings nur etwa 33 Grad über dem Horizont stand. Schwache Sichtbarkeit selbiger Gx ließ auf mehr für diesen Abend hoffen. Und so war es auch kein Problem die helleren Galaxien im großen Bären zu sichten, M81, M82, bzw. M51 in den Jagdhunden, beide Kerne deutlich sichtbar; auch waren M65 und M66 und auch NGC 3628 (M95,M96 diesmal ignoriert) im Löwen deutlich zu sehen.

Der Eulennebel im großen Wagen war direkt sichbar ('direkt' meint natürlich nicht 'mit blossen Augen', hüstel) - wenn auch an diesem Abend nicht mit Struktur. Der Reflexionsnebel um Merope in den Plejaden war - gerade in den angereisten 8'' Dobsons schön zu sehen (wenn auch nicht in Farbe ;-) ). Auch weniger oft gesehene Objekte wurden besucht. Erinnert sei z.B. an die Sternhaufen M46 und M47 in Puppis. Auch ein rares Exemplar für diese Jahreszeit, nämlich den Kugersternhaufen M3 in den Jagdhunden, knapp an der Grenze zu Bootes konnten wir erhaschen; nach längerem Hinsehen sogar aufgelöst, trotz relativ niedriger Stellung in ONO (<25 Grad Höhe).

Aber jetzt: der Orion-Nebel. Ich muss mal etwas voranstellen. Ich habe mir ja auch diesen 8'' China-Dobson (hat noch keinen Namen) zugelegt, und war nach anfänglichen Tests in meinem heimischen Garten ob Koma und Konsorten nur mässig von ihm angetan. Aber der Blick mit dem 5mm Okular auf M42 durch diese Lichtkanone beseitigte jeden Zweifel. "Strukturen abfahren" - dieser Begriff erinnert fern an Tausend und eine Nacht, und das zu Recht. Denn was wir zu sehen bekamen war tatsächlich märchenhaft. Gewissermassen wurde die Koma vom Koma vollkommen verdrängt. Dieses Gerät ist eben ein Deep-Sky-Instrument, und Nebel bleibt Nebel.



Für mich persönlich hatte ein Objekt des Abends noch besondere Bedeutung: Nach Genuss der "Krippe", M44 im Krebs, suchten wir das Mehrfachsystem zeta cancris auf. Vom Hörensagen ein Dreifachsystem (R. Stoyan, Deep sky Reiseführer) dessen äußere Komponente 6'' vom Hauptstern entfernt sei, die inneren Komponenten seien ab 9cm zu trennen. Hm. Was man sah, war ein Doppelstern, und ich war fälschlicherweise überzeugt ein weitabstehender weiterer Stern sei die äussere Komponente.

Krebs/zeta Cnc Aufsuchkarte


Später kamen mir Zweifel die laut diverser Sternkataloge berechtigt waren. Hier ist Nacharbeit (das reine Vergnügen) angesagt! Jeder ders gesehen hat sei aufgerufen mit höherer Vergrößerung als 240fach den verkappten „Doppelstern" weiter aufzuknacken.

Auch wenn hier v.a. persönliche Eindrücke geschildert werden: Die Party war beileibe keine Veranstaltung schweigender Philosophen. Da war ein Kommen und Gehen von Refraktor zu Reflektor, von klein zu gross, Okulare, Filter und Ferngläser wanderten reihum, und jedes Instrument überzeugte auf seine Art. Zu vorgerückter Stunde wurde es etwas klamm und Schnaps (von Gerhard Metzler ?) wurde zum Aufwärmen verordnet - ich gehöre zu den Dankbaren.

Als etwa um 0.30 Uhr der 3/4 Mond erschien war es mit deep sky natürlich vorbei. Aber dieser Geselle bildete einen tollen Abschluss der Nacht, wie er langsam hinter den Bäumen des gegenüberliegenden Hügels hervorkam - ein herrlicher Anblick in den Teleskopen. Vorangehend ein Stern der später von ihm bedeckt werden sollte - aber nie würde. Es muss sich um 80 Vriginis (Jungfrau) mit etwa 5.8 mag gehandelt haben; zumindest ist mit „Ciel" und „Skymap" und dem „bright star catalog" übereinstimmend in der Gegend nichts anderes vergleichbares um 0.40 Uhr zu finden. Wobei um diese Zeit 80 vir jedoch aus der dunklen Seite AUSGETRETEN ist (Das war unser aller grösste Eselei, aber sonst waren - bis auf grosse und kleine Löwen, Bären und Hunde, Drachen, Schlangen, Fische&Walfische, Krebse, Widder, Stiere, Schlangen, Fliegen etc. etc. - keine Tiere da)

Die Animation zeigt den Verlauf am 03.02 von 0.20 Uhr bis 0.45 Uhr, Koordinaten: azimutal, Beschriftung: Flamsteed Nummer und Helligkeit. Für unsere Gäste die Information: Je kleiner die Nummer desto heller das Objekt.



Zwischen 1h und 1.30 h endete die so reichhaltige Nacht mit einem kurzen und schmerzlosen allseitigen Aufbruch. Wir haben die Gunst der Stunde spontan genutzt und wurden dafür belohnt. Dennoch bei aller Spontanität und bei der immer wiederkehrenden Bewunderung der Highlights am Firmament: Ich meine wir sollten uns mal sowas wie einen Kern-Beobachtungsplan machen. Es gibt so viel zu sehen und zu entdecken, daß uns die Augen übergehen könnten - vorausgesetzt wir wissen wonach wir suchen. Ferner wär so etwas wie eine Telefonkette sinnvoll die über die Rheinschiene hinausreicht.

Die Nacht war ein Geschenk des Sommers an den Winter, und sie wird uns noch lange in guter Erinnerung bleiben.


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